Warten auf den Weltuntergang: Was vom jüngsten Tage übrig blieb

Ein Satz mit X? Fest steht: Der gestrige Tag läutete nicht das Ende der Welt ein (inforand berichtete). Lediglich der Ausbruch des isländischen Vulkans Grimsvötn und ein leichtes Beben in der Nähe des kalifornischen San Francisco konnten vielleicht bei direkten Beobachtern für einen gefühlten Hauch von Apokalypse sorgen; im Vergleich zu dem in der Bibel beschrieben Armageddon stellten diese Geschehnisse aber nicht mehr als ein leises Hüsteln dar.

desert-288352_1280Ohne ein Anzeichen auf den Weltuntergang, wie er von dem us-amerikanischen Prediger Harold Camping (89) über Jahre hinweg für den 21. Mai 2011 um 18 Uhr angekündigt worden war, blieben viele Anhänger des Radio-Propheten mit Gefühlen zwischen Rat- und Fassungslosigkeit zurück – wie beispielsweise der 60-jährige Robert Fitzpatrick aus New York City. Der ehemalige Verkehrsbeamte war noch bis vor kurzem ein ergebener Anhänger von Campings Prophezeiungen und wandte fast seine gesamten finanziellen Rücklagen von 140.000 US-Dollar für die Produktion und Platzierung von Bus- und U-Bahn-Plakaten auf, mit denen er die Bevölkerung vor dem bevorstehenden Ende der Welt warnen wollte. Am gestrigen Tag stand Fitzpatick mit einer Bibel in der Hand auf dem New Yorker Times Square, wo er Flugblätter an Passanten verteilte, Bibelsprüche zitierte und auf das für ihn unvermeidlich scheinende Ende wartete. Doch Punkt 18 Uhr passierte nichts, auch eine halbe Stunde später war noch nichts von der angkündigten „Rapture“, dem direkten Auffahren aller gläubigen Christen in den Himmel, zu spüren gewesen. „Ich verstehe das nicht…“ sagte Fitzpatrick in Anwesenheit eines Reporters „Ich verstehe nicht, warum noch nichts passiert ist.“

Auch Gruppierungen außerhalb des Dunstkreises von Harold Campings „Family Radio“ nahmen auf jeweils unterschiedliche Weise Notiz von der ausgebliebenen Apokalypse. Eine kalifornische Kirchengemeinde stellte den enttäuschten Gläubigen seelsorgerischen Beistand zur Seite, auch wurde eine psychiatrische Notfallambulanz eingerichtet, um etwa Selbstmorde wegen der nicht erfolgten Himmelfahrt zu verhindern. Mitglieder us-amerikanischer Atheistenverbände organisierten sogenannte „Post-Rapture“-Parties – nur der ehemals so wortgewaltige Prophet scheint seit gestern wie vom Erdboden – oder vom Himmel – verschluckt zu sein. Bislang erfolgte von Seiten Campings keine Stellungnahme, auch solle der ehemalige Bauingenieur weder Anrufe entgegennehmen, noch seine Haustür öffnen. Harold Camping hatte das Ende aller Tage schon einmal für das Jahr 1994 angekündigt; als dieses dann ausblieb, gab er an, dass ihm bei der Berechnung des exakten Datums einige Fehler unterlaufen seien. Von der Richtigkeit des gestrigen Datums zeigte er sich jedoch fest überzeugt. Mittlerweile werden Stimmen laut, die den 89-jährigen als „falschen Propheten“ und „Wolf im Schafspelz“ bezeichnen. Camping, der im Laufe der Zeit 120 Millionen US-Dollar an Spenden durch seine apokalypischen Voraussagen einsammeln konnte, wird nun verdächtigt, zu diesem Zweck absichtlich die Furcht vor dem angeblich nahenden Ende genährt zu haben. Seinen Anhängern, die aufgrund seiner Aussagen ihre Arbeit gekündigt und bis jetzt nur von ihrem Ersparten gelebt hatten, wird dies wohl jedoch nur ein schwacher Trost sein.

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